Mittwoch 25. März 2015 Narbonne (Besichtigungstag)
Das zentrale sehenswerte Ensemble ist das Rathaus mit einem Stück der originalen Via Domitia davor, der Erzbischofspalast mit dem Garten, die Kathedrale Saint-Just+Saint-Pasteur mit dem höchsten gotischen Chorraumgewölbe Südfrankreichs und mit dem daneben liegendem Kloster. Weiter entzückten mich die Alleen entlang des Canal de la Robine, die Händlerbrücke an der ehemaligen Via Domitia, die Basilika Saint-Paul (eine der ältesten gotischen Kirchen Südfrankreichs), das alte Pulvermagazin, das Haus der drei Nährmütter und Markthalle mit den unwiderstehlichen Angeboten. An diesem Ort überhitzte sich die Winzerrevolte im Jahre 1907, der Bürgermeister wurde verhaftet und einige Menschen wurden von den Kavallerie- und Infanterie-Regimenten verletzt oder getötet. In Narbonne zweigten sich die beiden Römerstrassen Via Domitia und die Via Aquitania, welche von hier über Carcassonne und Toulouse nach Bordeaux am Atlantik führte. Auch Pilger verzweigten sich hier entweder weiter nach Süden über den Camino Catalán oder westwärts über Carcassonne entweder nach Toulouse oder über den Pyrenäenweg.
Donnerstag 26. März 2015 Narbonne – Port-la-Nouvelle 23.1 km 08:00-16:45
Wie gestern bläst auch heute der kalte Tramontana-Wind aus den Bergen im Norden in Richtung Mittelmeer. Glücklicher weise laufe ich in die gleiche Richtung. Zuerst begleitet mich nur der Canal de la Robine entlang des Weges, später gesellt sich die Bahnlinie Barcelona-Lyon dazu und nachher lassen die Seen links und rechts nur noch wenig Platz für meinen Weg, den Kanal und die Bahn. Der Weg ist gleichzeitig auch der Grande Randonnée de Pays GRP Sentier du Golfe Antique. Am Nachmittag erreiche ich die Insel Sainte Lucie, welche ganzjährig beliebt ist für Rundwanderungen von 1-2 Stunden und die auch mich für einen kürzeren Spaziergang animiert. In Port-la-Nouvelle selbst ist nicht viel los abgesehen vom Hafen für Erdölprodukte und Getreide. Aber sicher wird im Sommer der dreizehn Kilometer lange Sandstrand für mehr Betrieb sorgen.
Freitag 27. März 2015 Port-la-Nouvelle – Fitou 21.3 km 08:00-17:00
Heute spürte ich den Tramontana-Wind stärker (50 km/h mit Böenspitzen bis 110 km/h gemäss MeteoFrance). Am Morgen traf ich zum ersten Mal die bekannten gelben Pfeile an, welche mich entlang des Grande Randonnée GR367 Sentiers Cathare durch eine Haute Carrigue führten. Dies ist eine Strauchheidelandschaft mit vielfältigem Pflanzenbestand auf kargen Boden. Vom Hügel sah ich sogar heute den Mont Saint-Clair bei Sète. Später von La Palme über Cave bis Fitou war der Weinbau wieder vorherrschend. Manchmal blies der Wind sehr stark von der Seite und ich lief zeitweise in Schräglage torkelnd, was wie der Gang eines Betrunkenen ausgesehen haben musste. In Fitou fallen mir die vielen Häuser mit früheren Weinkellern auf, aber auch viele Weinkeller mit Degustations- und Verkaufsangeboten und ich lasse mir erklären, das Fitou das älteste Weinanbaugebiet mit einer kontrollierten Herkunftsbezeichnung (AOC) im Languedoc-Roussillon war. Fitou ist nun auch der letzte Ort in Aude und morgen geht's ins Departement Pyrénées-Orientales.
Samstag 28. März 2015 Fitou – Salses-le-Château 13.2 km 08:45-14:30
Sanft ansteigend führt mich mein Weg entlang eines schönen Tals mit Reben. Oben auf dem Hügel bietet sich eine Aussicht auf den Étang de Leucate an. Im Hintergrund grüssen bereits die Pyrenäen mit dem Pic du Canigou und dem Col de Pannissars bei Le Perthus. Schon bald erblickte ich auch mein Tagesziel Salses-le-Chateau mit dem Fort. Es besitzt Mauern bis zu 10 Metern Dicke, war ein zukunftsweisendes Militärbauwerk und wurde zur Bewachung der Grenze des Königreichs Aragon gegen Frankreich erbaut. Mit dem Pyrenäenvertrag, wo das Roussillon zu Frankreich kam, entfiel seine Aufgabe doch die Sprengung und der Rückbau wäre nicht möglich oder zu teuer gewesen und deshalb blieb das Fort glücklicherweise erhalten.
Sonntag 29. März 2015 Salses-le-Château – Perpignan 20.9 km 08:00-15:30
Sommerzeit; die Nacht war eine Stunde kürzer! Kurz nach Salses beginnt nochmals ein etwa sieben Kilometer langer Weg auf der früheren römischen Strasse Via Domitia; aber ohne irgendeinen Hinweis oder ein Zeichen darauf. Reben, Baumreihen und dahinter die zum Teil noch schneebedeckten Ausläufer der Pyrenäen prägen das Bild. Bald erreiche ich Claire und dann Bombas bevor ich mich langsam entlang des Flusses La Tèt meinem Endziel der diesjährigen Frühlingsetappe nähere: Perpignan.
Montag 30. März 2015 Collioure (Besichtigungstag)
Das schmucke, alte Städtchen Collioure am Meer ist mit dem stündlichen Zug in zwanzig Minuten zu erreichen. Sein Hafen wurde schon von den Phöniziern angelaufen. Nach meiner Ankunft ist der Zugang zum Touristenbüro versperrt wegen Aufnahmen für die Filmserie "Meurtre a Collioure" für France3. Der Aufwand an Technik beeindruckt mich sehr und ich denke, dass dies heute einfacher möglich sein sollte und ein "Business Re-Engineering" notwendig wäre. Bald zieht es mich entlang dem Strand zur Kirche Notre Dame des Anges und zur Kapelle Saint-Vincent und durch die schmalen Gassen wieder zurück zum Zentrum. Die wunderbare Region hat auch Henri Matisse und André Derain zum Malen inspiriert. Imposant dominiert die königliche Burg den Ort und lässt einen gedanklich etwas Geschichte in Erinnerung rufen. Man merkt, dass das Roussillon eine sehr umkämpfte Region zwischen den Königen von Mallorca und Frankreich war. Rundherum sind weitere Forts und Wachtürme zu sehen; am nächsten das Fort Saint-Elme. Auf dem Weg hält der Zug in Elne und in Argelès-sur-Mer. Elne ist die älteste kontinuierlich besiedelte Stadt Südfrankreichs; aber auch Argelès war schon in der Frühzeit besiedelt. Beides sind Orte mit geschichtlichem Hintergrund wären ebenfalls einen Besuch wert.
Dienstag 31. März 2015 Perpignan (Besichtigungstag)
Perpignan war einmal die Hauptstadt des Königreichs von Mallorca, aus dessen Zeit die Befestigungsanlage mit dem Königspalast heute noch existiert. Meinen Rundgang begann ich am kleinen Fluss La Basse und dem Castillet mit Stadttor. Später erreichte ich das Ensemble mit Rathaus, ehemaliger Börse und dem Palast de la Deputation. Anschliessend schleuderte ich zur Kathedrale mit dem daneben liegenden ehemaligen Klosterfriedhof Campo Santo. Ein Beispiel eines schön verzierten Herrschaftshauses ist das Casa Xanxo eines früheren vermögenden Tuchhändlers. Ein Gegensatz dazu ist das Quartier Saint-Jacques, das seine bescheidene Ursprünglichkeit schon längere Zeit gewahrt zu haben scheint und heute zu vierzig Prozent von Menschen aus dem Maghreb bewohnt wird. Das prägt auch das Bild vom morgendlichen Markt auf dem Place Cassanyes mit seinen umliegenden Lokalen mit Namen wie Café Tanger, Au Coeur de l'Orient und Boucherie Marrakesch oder Koutoubia. Auch die älteste Kirche von Perpignan, die Eglise Saint-Jacques liegt in diesem Gebiet direkt über der alten Stadtmauer. Auf dem Place de la République halte ich Rast und tätige noch letzte Einkäufe in den verschiedenen umliegenden kleinen Läden. Morgen gehe ich zum Bahnhof, von dem Salavador Dalí einmal sagte: „Das ist der Mittelpunkt der Welt“ und fahre um zehn Uhr mit dem TGV nach Lyon und anschliessend über Genf nach Winterthur, wo ich kurz nach zwanzig Uhr zu Hause eintreffe.